'Die Hölle, das sind die anderen.', den wohl am häufigsten zitierten Satz Sartres spricht Garcin aus,, der Journalist, der zum Verräter an seinen Idealen wurde, wenn das Drama annä-hernd zu Ende ist. Ein Resümee, eine Art verzweifelter Eingeständnis, das schonungslos darlegt, nichts begriffen zu haben?
Drei Menschen in einem Raum, der als Hölle ausgegeben wird. Aber was ist die Hölle anderes als der nirgendwo zu lokalisierende Ort des eigenen schlechten Gewissen?
Sartre: „Die Leute meinen, ich denke unsere Beziehungen zu anderen seien immer vergiftet. Was ich aber sagen will, ist, daß unsere Beziehungen immer verwickelt, verdorben und pervertiert sind. Gleichzeitig aber sind die anderen Leute auch das, was in uns selbst das Wichtigste ist: Ohne den anderen kann keiner von uns sich selbst verstehen. Ich wollte, daß das Publikum sich diese 'lebendigen Toten' ansieht, um ihm klarzumachen, daß man selbst auch ein lebendiger Toter ist, wenn man sich mit unveränderlichen Einstellungen und Verhaltensweisen umgibt. Ich wollte, ad absurdum, die Bedeutung des freien Willens aufzeigen und darauf hinweisen, dass eine Handlung durch eine andere verändert werden kann. Was auch immer der höllische Zirkel unseres Lebens sein mag, ich denke, daß wir die Freiheit haben, ihn zu sprengen.“
Drei Menschen in einem Raum – ohne Tür, ohne Ausgang. Wer aber den fehlenden Ausgang nicht als Metapher nimmt, wird das Stück nicht verstehen; die Metapher, die nichts anderes besagt, als dass der Mensch ein soziales Wesen ist. Und sozial heißt, dass er existentiell verwiesen ist auf den Anderen, ausweglos auf ihn, den einzelnen Menschen und die anderen, die Gesellschaft und die soziale Institutionen, die sich diese Gesellschaft gibt als Skelett ihres inneren Zusammenhalts und zur Organisierung und Regulierung der Lebenswirklichkeiten.
Als Zoon politikon bestimmte Aristoteles den Mensch, als ein auf Gesellschaft verwiesenes Wesen, wie in der globalisierten Welt nach-drücklich erfahrbar, eines Wesens also, das ohne den Anderen, die anderen Menschen nicht leben, vor allem aber nicht überleben kann.
In solcher Konstellation gründet unausweichlich ein Konflikt, Willensfreiheit des Subjekts und die Notwendigkeit eines sozialen Konsenses als Bedingung der Möglichkeit des Überlebens des Einzelnen sowie der Gattung Mensch. Dieser Spannungszustand von Ich und Gesellschaft, Normativität und moralischem Selbst-Entwurf und schließlich die Inkonsequenz eigenen Handelns in der Praxis angesichts der großartigen Ideale dieses Ichs – gibt den Stoff ab für ein Drama, das ein handfestes Konversationsstück ist. Drama heißt im vorliegenden Fall, dass Konflikte nicht blutig ausgetragen werden wie etwa bei Shakespeare.
Nein, unblutig, zivilisiert heutig geht es zu in dem Sartres Stück, vorangetrieben von der Schärfe der sprachlichen Vivisektion des Anderen, des Gegenübers dessen Schwächen,
|